VCD Karlsruhe kfk-Archiv

kreisfairkehr Sommer 1999

Inhalt:

Umweltverbund im Gegenwind
Haushaltsmittel für Radwege
Mobil ohne Auto, Mit Rad & Bahn
Mitfahrzentrale
Wanderung
Mobilitätszentrale
Klosterstadtexpress Maulbronn
Fahrplanänderungen
Flächennutzungsplan
Sanfter Tourismus
Nordtangente
Tiefgarage Stephanplatz
 

Umweltverbund im Gegenwind

Früher war Karlsruhe bekannt für fortschrittliche Maßnahmen, etwa Ampel-Vorrangschaltungen für Straßenbahnen oder einzelne Fahrradschleusen, die das Vorankommen für Radler an großen Kreuzungen schneller und sicherer machten. In letzter Zeit gibt es aber starken Gegenwind bei Maßnahmen zur Förderung des Umweltverbunds (zu Fuß, Fahrrad, Öffentlicher Verkehr). Woran liegt das?

Zwei Sonntagszeitungen versuchen durch populistische Themenbehandlung dem "Volk nach dem Maul" zu schreiben. So konnte man in letzter Zeit von "Tram-Diktatur" lesen, weil durch "Dauergrün" für die Straßenbahnen "Kunden ihre Waren nicht bekommen". Oder es geht um "Rüpel-Radler", die viele Unfälle verursachen. Gefüttert werden solche Artikel mit Zahlen öffentlicher Stellen. So verbreitet das Polizeipräsidium, die Mitverschuldensquote der Radler liege über 60 % und suggeriert damit, die Radfahrer seien meistens schuld. Erst bei genauerer Analyse fällt auf, dass die Unfallgegner eher häufiger mitschuld sind - aber diese Zahl errechnet das Polizeipräsidium nicht.

In der Stadtverwaltung haben die Auto-Befürworter zusätzlichen Auftrieb bekommen, seit Herr Fenrich mit Aussagen wie "Autofreie Stadt? Ohne mich!" die OB-Wahl gewonnen hat.

Zu Fuß (oder auch mit dem Rad) steht man immer häufiger vor Drückampeln. Hier hat man allenfalls dann sofort Grün, wenn vorher schon jemand gedrückt hat. Sonst steht man in der Regel so lange, dass viele entnervt bei Rot gehen oder erst gar nicht mehr drücken. Das kann man mit gesunkener Achtung vor der Obrigkeit begründen, es könnte aber auch daran liegen, dass die Wartezeiten einfach unzumutbar sind.

Im Radverkehr gibt es seit 1996 das "Radlerforum", ein etwa halbjährliches Treffen von Mitgliedern der Stadtverwaltung, des Gemeinderats sowie den Radlerverbänden ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub) und VCD. Dort sollten Verbesserungen für den Radverkehr aufgezeigt und diskutiert werden. Trotz zahlreicher Ideen und Bemühungen unsererseits sind die Ergebnisse jedoch eher mager ausgefallen Einige der kleinen Verbesserungen sind etwa die Führung auf dem Berliner Platz oder die Beseitigung des Schildes "Vorfahrt gewähren" an der Herrenalber Straße (wir berichteten). Aber oft haben wir auch keine substantiellen Änderungen erreicht, weil alle für bestimmte Verbesserungen waren, nur eine Stelle nicht: das Amt für "Bürgerservice und Sicherheit" (BuS). Selbst die Novellierung der Straßenverkehrsordnung wurde nicht umgesetzt: Bis zum Oktober letzten Jahres hätten eigentlich sämtliche Radwege der Stadt nach den neuen Bestimmungen (vor allem Mindestbreite für Radwege 1,5 m) überprüft und bei Bedarf umbeschildert oder umgebaut werden müssen. In der Verwaltungsvorschrift war die Beteiligung der Radfahrerverbände ausdrücklich erwähnt. Bis heute wurden wir nur bruchstückhaft informiert und nicht beteiligt, trotz vieler Anstrengungen unsererseits. Von Verbesserungen für Radfahrer keine Spur.

Zu den Straßenbahnen: Hier kommt es darauf an, dass die Bahnen ohne wesentliche Verzögerung Kreuzungen überwinden können, damit die Fahrgäste, die in der Regel wesentlich zahlreicher sind als die anderen an den Ampeln Wartenden, möglichst schnell und pünktlich an ihr Ziel kommen. Nur dann sind die Bahnen attraktiv genug, damit ein Großteil der Leute mitfährt. Aber die Ampeln werden in letzter Zeit immer mehr so umgestellt, dass die Priorisierung zurückgenommen wird oder nicht eingeführt wird. Weil der Vorrang stufenlos regelbar ist, kann auch langsam gedreht werden, so dass keine abrupte Änderung zu bemerken ist.

Im Autoverkehr besonders schlimm war die Entscheidung des Gemeinderats mit den Stimmen der großen Parteien für eine weitere City-Tiefgarage unter dem Stephanplatz, die für die Zukunft eine Verkehrsberuhigung dieses Bereichs unmöglich macht (siehe Artikel).

Im Tiefbauamt und Stadtplanungsamt gibt es durchaus Stimmen für Reformen, aber "Bürgerservice und Sicherheit", die politische Führung in der Verwaltung und große Teile des Gemeinderats lehnen vieles ab.

Johannes Honné
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Nur 3 DM pro Einwohner im Jahr für Radverkehr

Zu Beginn dieses Jahres wurde der Haushalt der Stadt Karlsruhe für die nächsten zwei Jahre beschlossen. Dazu hatten wir zusammen mit dem ADFC die Gemeinderatsfraktionen gebeten, den Etat für den Radverkehr deutlich zu erhöhen und Mittel für die schon seit langem geplante Fahrradstation vorzusehen.

Nach dem Entwurf der Stadtverwaltung waren jährlich etwa 850.000 DM für den Radverkehr vorgesehen - davon muss alles bezahlt werden, was an Verbesserungen für den Radverkehr gemacht wird, wie die Anlage neuer Radfahrstreifen, der fahrradfreundlichere Umbau von Knotenpunkten und auch die Aufstellung von neuen Wegweisungsschildern für den Radverkehr. Dieser Haushaltsansatz entspricht einem Betrag von nur 3 DM pro Einw. und Jahr. Damit ist es nicht möglich, die Situation für Radfahrer in Karlsruhe entscheidend zu verbessern - alle Maßnahmen sind immer nur punktuell, weil für den Ausbau kompletter Strecken kein Geld da ist.

Für die seit Jahren überfällige Fahrradstation am Hauptbahnhof hoffte die Stadt lange auf den privaten Bau und Betrieb. Wir meinen, die Stadt sollte das selbst in die Hand nehmen und hatten deshalb beantragt, dass die Stadt etwa 600.000 DM bereitstellt. Das sollte ebenso selbstverständlich sein, wie dies bei vielen Auto-Tiefgaragen auch der Fall war. Die Arbeitsförderungsbetriebe der Stadt könnten den anschließenden Betrieb übernehmen.

Der Gemeinderat hat inzwischen beide Anträge abgelehnt. Selbst ein eher symbolischer Antrag der SPD, unterstützt von Grünen und KAL, über zusätzliche 50.000 DM für den Radetat wurde vom Gemeinderat zurückgewiesen. Weil die Fahrradstation offiziell wegen nicht abgeschlossener Planung abgelehnt wurde, können wir darauf hoffen, dass es im Nachtragshaushalt noch Geld gibt.

Jochen Geissel
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Mobil ohne Auto - Spaß im Wald

Flüchten die Umweltschützer resigniert in den Wald? Nein, das tun sie nicht. Die Mitglieder der Umwelt- und Verkehrsinitiativen wollen in diesem Jahr am bundesweiten Aktionstag Mobil ohne Auto am 20. Juni von 14 bis 18 Uhr gemeinsam auf einer sonnigen Wiese an der Linkenheimer Allee zwischen Schloss und Adenauerring im Hardtwald feiern. Autofrei - Spaß dabei. Hierzu laden wir gern auch alle ein, die mit dabei sein möchten. Wir fordern anlässlich der Aktion MOA insbesondere Politiker, Personen des öffentlichen Lebens, Erzieher und Eltern dazu auf, Vorbildfunktion zu übernehmen, Zeichen zu setzen, selbst aktiv zu werden und einen Tag ohne Auto bewusst zu gestalten. Es ist leider eine Tatsache, dass sich viele Menschen ohne Zwang vom Auto abhängig machen. Die eigene Verkehrsmittelwahl aber beeinflusst die Verkehrs- und Umweltprobleme. Jeder steht hier in der Verantwortung. Die Aktion MOA möchte wie jedes Jahr dazu auffordern, über die umweltbewusste Gestaltung der eigenen Mobilität nachzudenken, zu diskutieren und schließlich auch zu handeln.

Uwe Haack
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Mit Rad und Bahn

"Mit Rad & Bahn in die Region", eine Sammlung von Radtouren in Kombination mit Bahn- An- oder Rückfahrt, erscheint auch dieses Jahr wieder neu! Die Fahrpläne und Daten werden aktualisiert und einige Touren wurden überarbeitet und ergänzt, insbesondere im Nordschwarzwald. Wegen der mal wieder sehr knappen Zeitspanne zwischen dem Erscheinen neuer Kursbücher und dem Inkrafttreten der neuen Fahrpläne wird Rad&Bahn 1999 nicht rechtzeitig zum Fahrplanwechsel erscheinen, sondern erst wenige Wochen danach.

Heiko Jacobs
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Neue Mitfahrzentrale

Die Mitfahrzentrale Karlsruhe wurde neu gegründet. In der Mathystr. 7 können jetzt alle, die sonst alleine mit dem Auto fahren würden, mit Leuten zusammenkommen, die mitfahren wollen. Tel 19440
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Wander mal mit Bus und Bahn!

Neben Fahrradtouren (siehe Termine) wollen wir dieses Jahr auch wieder eine Wanderung anbieten, diesmal in die schöne Pfalz. Wir wollen am Sonntag, 11. Juli nach St. Martin fahren und von da aus nach Gleisweiler laufen. Treffpunkt ist um 8.55 Uhr am KVV-Zentrum im Hbf KA. Auf der Strecke gibt es allerlei Sehenswertes, so die schönen Weinorte St. Martin, Rhodt unter Rietburg und Gleisweiler. Die Laufzeit beträgt ca. 5 Stunden, die Strecke ist sehr abwechslungsreich zwischen Weinbergen, Schlössern, Burgen und Waldstücken; größere Aufstiege gibt es nicht. Einkehr ist in einer Hütte des Pfälzerwaldvereins (und je nach Lust am Ende in Gleisweiler). Wir freuen uns auf viele fröhliche Mitwanderer an diesem Tag!

Michaela Müller
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Mobilitätszentrale auf den Weg gebracht

In der letzten Winterausgabe des kreisfairkehr haben wir darüber berichtet: Die Idee einer zentralen Beratungs- und Informationsstelle rund um das Thema Mobilität sollte wie etwa in Stuttgart und Heidelberg auch in Karlsruhe verwirklicht werden. Aufbauend auf Erfahrungen und Vorgehensweisen in anderen Städten hat der VCD gemeinsam mit Pro Bahn ein Konzept für eine solche Zentrale in Karlsruhe ausgearbeitet. Wir haben dies dann der Presse und den Gemeinderatsfraktionen vorgestellt. Die Fraktionen der KAL und der GRÜNEN haben dies in Anträgen im Gemeinderat übernommen. Zu einer Entscheidung kam es jedoch nicht, da die Stadt von sich aus das Anliegen unterstützt und die Ausarbeitung eines Vorschlages für eine Mobizentrale in Karlsruhe, übrigens wie von uns angeregt im ehemaligen Gesundheitsamt, zugesagt hat. Wir werden also dranbleiben und schauen, was die Stadt (gemeinsam mit dem KVV) entwickeln und vorschlagen wird. Zunächst freuen wir uns aber über das positive Echo auf unsere Initiative.

Michaela Müller
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Klosterstadtexpress nach Maulbronn

Auch 1999 werden die Gleise zum Stadtbahnhof in Maulbronn wieder vom VCD-Klosterstadt-Express befahren. Im dritten Jahr "betreibt" der VCD-KV Pforzheim/Enzkreis an Sonn- und Feiertagen vom 30. Mai bis 19. September "seine eigene Bahnlinie".

Zwar wurde die Bahnstrecke Maulbronn-West - Maulbronn-Stadt im vergangenen Jahr offiziell stillgelegt, doch die AVG hat die Bahnlinie gepachtet und Maulbronn trägt die anfallenden Kosten.

Der neue Fahrplan ermöglicht stündlich die An- und Abreise aus dem Gebiet des KVV über die S9 Bruchsal - Bretten, die ab Sommerfahrplan bis Mühlacker verlängert wird. An den Verkehrstagen des VCD-Klosterstadt-Express halten alle Stadtbahnen zwischen 10 Uhr und 19 Uhr am Bahnhof Maulbronn-West, es besteht jede Stunde Anschluss an den VCD-Klosterstadt-Express nach und von Maulbronn.

Zwischen Bretten und Maulbronn gilt der VPE-Tarif; anerkannt wird auch die neue KVV-Regio-Spezial-Karte für 20 DM. VCD-Mitglieder fahren zwischen Maulbronn-West und Maulbronn-Stadt bei Vorlage der Go!Card umsonst.

Fahrzeiten: Bretten ab 10:08, 11:08, ... 19:08, Maulbronn an 16 Minuten später. Rückfahrt: Maulbronn ab 10:29, 11:30, ... 18:30, 19:28, Bretten an Minute 48.

Matthias Lieb
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Fahrplanänderungen bei Deutscher Bahn und KVV

Ab dem 30. Mai 1999 gilt ein neuer Fahrplan der DB AG und des KVV. Im Raum Karlsruhe ergeben sich folgende Änderungen:

Änderungen im Regionalverkehr
Auf der Strecke von Karlsruhe in die Pfalz fuhr bisher nur einmal pro Stunde ein durchgehender Zug. Im neuen Fahrplan gibt es jetzt zweimal pro Stunde einen durchgehenden Zug von Karlsruhe Hauptbahnhof in die Pfalz. Jeder zweite Zug hält auch an den Karlsruher Bahnhöfen West, Mühlburg und Knielingen, so dass diese Stationen, auf denen zuletzt fast keine Züge mehr hielten, jetzt wieder im Stundentakt bedient werden.

Die Bauarbeiten zur Verlängerung der S4 von Eppingen nach Heilbronn sind soweit fortgeschritten, dass zunächst an Wochenenden die S-Bahn-Züge von Karlsruhe bis Heilbronn durchfahren. Montags bis Freitags muss man wie bisher in Eppingen in einen DB-Zug umsteigen. Mitte August bis Mitte September wird der Abschnitt Eppingen-Heilbronn gesperrt, danach soll die Strecke dann vollständig auf S-Bahn-Betrieb umgestellt werden. Die Einführung der S-Bahn bedeutet für den regionalen Verkehr sicherlich einen Fortschritt. Für den überregionalen Verkehr zwischen Karlsruhe und Heilbronn ist der S-Bahn-Betrieb allerdings weniger geeignet, da eine Fahrzeit von 1 1/2 Stunden in Fahrzeugen ohne Toilette zugebracht werden muss. Hier sollte man sich an den neuesten Einsichten der DB orientieren: Die Nachfolger der in Frankfurt, Stuttgart und München eingesetzten "großen" S-Bahn-Züge sollen im Gegensatz zu ihren Vorgängern wieder mit einer Toilette ausgestattet werden!

Weitere Verlängerungen von S-Bahn-Strecken betreffen die S5 und S9. Die Linie S5 wird über Pforzheim hinaus bis Bietigheim-Bissingen verlängert und verkehrt auf diesem Abschnitt im Stundentakt. Der bisher zwischen Karlsruhe und Berghausen geltende 10-Minuten-Takt auf der S5 wird zu bestimmten Tageszeiten bis Söllingen verlängert. Die Linie S9, die bisher zwischen Bruchsal und Bretten verkehrt, wird bis Mühlacker verlängert. Sie hält unterwegs unter anderem in Maulbronn West, wo sonntags in den "Klosterstadt-Express" nach Maulbronn-Stadt umgestiegen werden kann (siehe Artikel dazu).

Im Umfeld von Karlsruhe gibt es mehrere Bahnlinien, die nur sonntags im Sommerhalbjahr betrieben werden und hauptsächlich für Ausflügler gedacht sind. Hierzu gehört die schon im letzten Jahr betriebene Strecke im Pfälzer Wald von Hinterweidenthal über Dahn nach Bundenthal-Rumbach. Sie wird viermal pro Sonntag befahren. Neu in Betrieb genommen wird die Strecke von Wörth nach Lauterbourg in Frankreich. Hier verkehren sonntags ebenfalls vier Züge. Diese Strecke ist insbesondere für Radler interessant, die die Radwanderwege auf der französischen Rheinseite und nach Wissembourg benutzen wollen und die Anreise oder Rückreise verkürzen wollen.

Änderungen im Fernverkehr
Die wichtigste Änderung im Fernverkehr ist aus Karlsruher Sicht der Wegfall der Interregio-Linie Karlsruhe - München - Salzburg. Die Interregios fahren von Karlsruhe nur noch bis Ulm und dann weiter nach Lindau. Reisende Richtung München müssen in Stuttgart in den ICE umsteigen, was zwar etwas schneller, aber auch etwas teurer ist als der frühere Interregio. Für Reisende in Richtung München, die ein Fahrrad mitnehmen, wird es umständlicher: Sie müssen die Intercity-Züge Stuttgart-München benutzen, von denen jetzt einige Fahrradabteile erhalten. Diese Züge verpassen allerdings den Interregio-Anschluss in Stuttgart nach und von Karlsruhe um wenige Minuten, so dass in Stuttgart eine Stunde gewartet werden muss.

Zum Fahrplanwechsel wird der neue Fernbahnhof am Frankfurter Flughafen in Betrieb genommen, ist also per IC und ICE erreichbar. Der VCD sieht den Bau des neuen Flughafenbahnhofs mit gemischten Gefühlen: Das Ziel, den Zubringerverkehr zum Flughafen möglichst vom Auto auf die Bahn zu verlagern, ist sicherlich begrüßenswert. Der hinter dem Bau des neuen Flughafenbahnhofs steckende immer weiter steigende Flugverkehr muss jedoch Sorgen bereiten.

Wolfgang Melchert
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Flächennutzungsplan 2010

Zur Zeit wird der Flächennutzungsplan (FNP) für den Nachbarschaftsverband Karlsruhe (Stadt und Umlandgemeinden) aufgestellt. Der FNP ist ein Planungsinstrument von vielen: Eine konkrete Baumaßnahme benötigt ein Planfeststellungsverfahren oder eine Baugenehmigung auf Grundlage eines Bebauungsplans, der Details wie Baudichte, Abstände etc. vorgibt. Dies geht aber nur dort, wo im FNP Flächen reserviert sind.

Im FNP wird ohne die Details obiger Pläne festgelegt, wo ungefähr welche Nutzungsarten (Wohnen, Gewerbe, Versorgung, Grün) und wo Verkehr und andere Infrastruktureinrichtungen (Schulen, Sport etc.) bereits vorhanden sind oder Flächen dafür bereitgehalten bzw. umgenutzt werden können. Grundlage eines solchen FNP sind u.a. Analysen der derzeitigen Situation und der zu erwartenden Entwicklungen.

Der zur Zeit gültige, aber mehrfach angepasste Flächennutzungsplan stammt aus dem Jahr 1985. In bestimmten Abständen wird er völlig überarbeitet. Dabei sind neben mehreren öffentlichen Stellen auch die Bürger und Verbände beteiligt, darunter auch die Umweltverbände, die mit Unterstützung des nicht direkt beteiligten VCD eine Stellungnahme zum FNP vorbereiten.

Die Umweltverbände kritisieren vorrangig das weitere Wachsen der Siedlungsflächen: Die offiziellen Stellen legen immer noch ein Anwachsen der Bevölkerung zugrunde, obwohl die Tendenzen eher entgegengesetzt laufen. Eigentlich stehen mehr als genug Bauflächen in unkritischen Gebieten zur Verfügung (ehemalige Militär- und Industrieflächen wie Nordstadt und Südoststadt). Trotzdem sind auch kritische Bereiche als potentielle Baugebiete im Entwurf enthalten. Der Karlsruher Gemeinderat hat zwar bereits die Streichung von Wohnbebauung im Beiertheimer Feld sowie von Industrie und Rheinbrücke bei Knielingen gefordert, die Teilbebauung des "Alten Flugplatzes" und das Freizeitbad am Weinbrennerplatz beließ er jedoch.

Beim öffentlichen Verkehr sind die Bahnen nach Aue/Wolfartsweier und in Knielingen-Nord geplant, sowie die Bahn in die Nordstadt bis Kirchfeld. Für deren lange umstrittene Anbindung an das Mühlburger Tor hat sich erst kürzlich der Planungsausschuss für eine neue Variante über nördliche Riefstahlstraße und Grashofstraße entschieden. Eher langfristig im FNP sind Bahnen in der Pulverhausstraße, zwischen Europahalle und Brauerstraße, eine Bahn nach Grötzingen-Nord und die Verlegung der S1 in Höhe Lange Richtstatt. Auch die Straßenbahn auf der Kriegsstraße ist noch im FNP enthalten.

Ebenso ist die Anbindung der geplanten Südoststadt über eine Stadtbahn von Bruchsal zum Mendelssohnplatz einerseits und eine innerstädtische Linie Tullastraße-Luisenstraße andererseits im FNP avisiert. Der Bau einer Bahn in Schlachthausstraße und Kriegsstraße-Ost soll laut BNN bereits nächstes Jahr mit dem Umbau der Kreuzung am Schlachthof beginnen. Die Einfädelung der S3 über die Kriegsstraße statt dem Bau einer zweiten Rampe am Hauptbahnhof wird aber vom VCD kritisch beurteilt, da sie eher zu einer weiteren Belastung der Kaiserstraße und anderen Nachteilen führt statt zu einer Entlastung wie mit einer zweiten Rampe am Hauptbahnhof. Auch liegt sie für die Erschließung der Südoststadt ungünstig.

Für die Bergdörfer gibt es leider keine Tram-Pläne. Und zur U-Strab steht dort die Anmerkung, dass "diese Lösung nach dem Bürgerentscheid nicht mehr weiterverfolgt wird". Allerdings bleibt die Frage, wie das Wort "diese" zu verstehen ist...

Im Großen und Ganzen stimmt aber beim Öffentlichen Verkehr die Ausrichtung des FNP mit den Interessen der Umweltverbände überein, was man beim Autoverkehr aber nicht behaupten kann. So ist die Nordtangente (siehe Artikel dazu) immer noch Bestandteil aller Planungen. Ebenfalls Bestandteil des FNP sind die B3-Umfahrung Wolfartsweier, die Querspange Neureut-Nord, die Tiefgarage am Stephanplatz, der vierspurige Ausbau der B36 zwischen Siemensallee und Sudetenstraße und die verlängerte Wilhelm-Hauenstein-Allee. Die umstrittene Südumfahrung von Heide ist dagegen aus dem FNP gestrichen worden. Außerdem sind noch weitere Unterführungen im Verlauf der Kriegsstraße (Knotenpunkte Brauerstraße und Mendelssohnplatz) im FNP zu finden, obwohl einige Stellen der Stadt bereits von einem stadtverträglichen Rückbau dieser Stadtautobahn sprechen, wozu weitere Rampen bestimmt nicht passen.

Die lange Liste der Änderungen am alten FNP, mit denen man auf aktuelle Anforderungen reagiert, lässt Zweifel am Wert des aufzustellenden FNP aufkommen. Alle Projekte durchlaufen aber auch andere Verfahren mit öffentlicher Beteiligung (Bebauungsplan, Planfeststellung etc.), so dass die öffentliche Kontrolle gesichert ist. Der FNP ist zudem eine Datensammlung, die Daten unterschiedlichster Art und Herkunft zusammenfasst und gegeneinander abwägt, was in dieser Form nur der FNP leistet, wobei dies aus Sicht der Umweltverbände noch zu verbessern wäre.

Heiko Jacobs
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Sanfter Tourismus - Anspruch und Grenzen

Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des VCD-Kreisverbands Karlsruhe referierte Heike Aghte vom Landesverband Bayern zu dem Thema "sanfter Tourismus", seinem Anspruch und seinen Grenzen. Der LV bietet seit einigen Jahren unter dem Titel "fairreisen" unterschiedliche Reiseziele an.

Am Beispiel des Alpenraumes wurde die generelle Problematik des Massentourismus' beleuchtet. Die Alpen erhalten jährlich Besuch von 120 Millionen Menschen, von denen die Hälfte Tagestouristen sind. Dreiviertel aller Urlauber kommen mit dem Auto. Neben dieser enormen Belastung ist auch die Reisezeit ein Problem für den Alpenraum. Die Hauptreisezeit fällt zusammen mit der extrem kurzen Hauptvegetationszeit im Gebirge von Juni bis August. Ein weiteres Problem stellen auch die steigenden Ansprüche der Urlauber dar. Gefragt ist nicht mehr nur das einfache Naturerleben. Action, Unterhaltung, hoher Komfort der Unterkünfte und immer mehr Freizeitangebote tragen zu mehr Natur- und Ressourcenverbrauch bei.

Sanfter Tourismus macht auf einige Punkte aufmerksam, die Mann/Frau sich vor einer Reise überlegen kann. Möglichst sollte man versuchen, nicht zu den Hauptreisezeiten die Massen zu vergrößern. Beim Reiseverkehrsmittel stellt sich die Frage, ob es ein Ort sein muss, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen ist., oder ob es jedes Jahr ein Reiseziel sein muss, das nur per Flieger erreichbar ist.

Sanfter Tourismus setzt sich auch für ein anderes Zeitgefühl beim Reisen ein. Ziel ist es nicht, möglichst schnell an viele Orte zu kommen, sondern sich von dem Streß des Alltags zu erholen und sich Zeit zu nehmen für Details, für die Menschen und die Landschaften vor Ort.

Sinnvoll im Sinne eines umweltfreundlichen Reisens ist es, statt Bettenburgen kleine, einheimische Betriebe auszuwählen, die zur Landschaft passen.

Die anschließende lebhafte Diskussion zeigte die Komplexität des Themas. Das Bedürfnis der Menschen nach Mobilität und Reisen wird nicht kleiner werden. Insoweit wird es auch das Phänomen des Massentourismus weiter geben. Und die Frage ist, ob es nicht besser ist, dass ein Teil der Massen auch auf bestimmte Gebiete beschränkt bleibt und somit in anderen Gebieten die Belastungen durch den Massentourismus gar nicht erst entstehen. Dennoch bleibt für den/die Einzelnen ein relativ großer Entscheidungsspielraum und durch Angebote wie "fairreisen" soll versucht werden, ein geschärftes Bewusstsein für die Problematik des Tourismus in der heute gängigen Form zu schaffen und was man beim nächsten Mal anders machen kann.

Wer weitere Infos zu Reiseangeboten von ökologischem Tourismus haben möchte, bekommt diese über die Internet-Adresse www.Eco-Tour.org, zu fairreisen über www.vcd.org

Michaela Müller
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Kommt die Nordtangente wirklich jemals?

Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wurde vereinbart, den Bundesverkehrswegeplan "zügig zu überarbeiten". Deshalb haben wir Bundesverkehrsminister Müntefering vorgeschlagen, die Karlsruher Nordtangente aus der Liste zu streichen, damit die Bedrohung für Natur und Anwohner der Trasse endlich beseitigt wird und die geplagten Einwohner von Hagsfeld endlich durch eine lokale Umfahrung entlastet werden können.

Es ist keine Frage, dass Natur und Umwelt im Bereich der geplanten Trasse nachhaltig geschädigt würden. Wir haben uns aber auf die verkehrlichen Gründe gegen die Nordtangente beschränkt:

Die Nordtangente soll als Bundesstraße (B10) zwischen der Rheinbrücke und den Autobahnen A5/A8 gebaut werden. Es existiert aber schon die Südtangente, die genau diese Aufgabe bereits übernimmt - sie wurde nur als Kreisstraße gebaut, damit nachher die Nordtangente von Geldern des Bundes bezahlt werden könnte. Die B10 wird derzeit offiziell mitten durch die Stadt über die Kriegsstraße geführt - natürlich hat das für den Fernverkehr keine Bedeutung, zumal die Hinweisschilder alle über die Südtangente leiten. Es liegt deshalb nahe, die B10 entsprechend der Beschilderung vollständig auf die Südtangente zu verlegen. Das wurde bisher abgelehnt, weil dann die Nordtangente nicht mehr vom Bund allein bezahlt würde.

Das Problem: Die Nordtangente würde nur für wenige Autofahrer des Fernverkehrs eine - auch nur geringfügige - Verbesserung bedeuten, so dass der Fernverkehr weiter die Südtangente benutzen würde. Deshalb begründen die Befürworter die Nordtangente mit einer erwarteten Entlastung insbesondere Hagsfelds vom regionalen LKW-Verkehr. Dagegen könnte man hier schon eine deutliche Verbesserung erreichen, wenn eine 0,8 km lange Verbindungsstraße zwischen dem Industriegebiet und der Haid-und-Neu-Straße gebaut würde (Südumgehung Hagsfeld). Bisher kann diese Straße aber nicht gebaut werden, weil dann ein wichtiges Argument für die Nordtangente entfallen würde. So wird die Belastung der Hagsfelder Bevölkerung als Druckmittel benutzt.

Entsprechend diesem geringen Nutzen fiel auch die Standardisierte Bewertung aus - inzwischen nach der Ablehnung der Straßenbahntrasse durch die Kriegsstraße wegen zu schlechter Bewertung in Karlsruhe bestens bekannt. Das Verhältnis von rechnerischem Nutzen zu den veranschlagten Kosten beträgt etwa 1,0 - das ist die unterste Grenze, damit ein Projekt überhaupt in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird. Zwar ist der Ostabschnitt geringfügig besser bewertet, aber auch er wird lange hinter vielen anderen Projekten in der langen Liste stehen und auf absehbare Zeit nicht gebaut werden. Selbst sehr gut bewertete Projekte haben zur Zeit keine Chance - die derzeit begonnenen Neubauprojekte werden in den nächsten 5 Jahren alle Mittel binden, weil kurz vor dem Bonner Regierungswechsel die Baden-Württembergische Landesregierung noch darauf gedrungen hat, dass sehr viele Projekte offiziell im Bau begonnen wurden, damit sie nicht mehr zu verhindern sind. Und nach diesen 5 Jahren werden erst einmal die vordringlichen Projekte dran sein.

Vom Bundesverkehrsministerium haben wir inzwischen die Antwort erhalten: Dort sollen in einem ersten Schritt die Bewertungskriterien geändert werden, nach denen der BVWP sortiert wird, und erst dann eine neue Überprüfung der Projekte stattfinden. Mit schnellen Entscheidungen ist also nicht zu rechnen, und besser wird die Nordtangente bestimmt nicht bewertet.

Johannes Honné
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Tiefgarage unter dem Stephanplatz

Inzwischen hat der Gemeinderat einer Tiefgarage der geplanten Postgalerie unter dem Stephanplatz zugestimmt. Wir hatten vorher wiederholt unsere schweren Bedenken gegen dieses Projekt geäußert - ohne Erfolg.

Die Anfahrt zur Tiefgarage ist wegen des ohnehin hohen Verkehrs im Bereich der Karlstraße/Amalienstraße sehr problematisch. Jetzt sollen die Autos über die Herrenstraße und die östliche Amalienstraße anfahren - ein Umweg, der zusätzliche Fahrstrecken erzeugt und den Autofahrern schwer zu erklären sein wird.

Die Abfahrt der Fahrzeuge soll über die Douglasstraße erfolgen. Daher ist an der Kreuzung mit der Kaiserstraße eine Ampelanlage vorgesehen, die den dort sehr starken Straßen- und Stadtbahnverkehr erheblich behindern würde. Für den Straßenbahnverkehr ist diese Planung vor allem deshalb nicht hinnehmbar, weil die Ampelanlage unmittelbar die hochbelastete Haltestelle Europaplatz stören würde. Daher wurde bei der Stadtverwaltung überlegt, die Einbahnregelung der Amalienstraße aufzuheben. Dann könnte der aus der TG abfließende Verkehr zum Mühlburger Tor geleitet werden. Das wäre immer noch erheblicher Mehrverkehr, aber er würde nicht mehr unmittelbar die Haltestelle Europaplatz stören. Wir halten übrigens die Öffnung dieser Einbahnstraße grundsätzlich für gut, auch unabhängig von der Tiefgarage; denn dadurch würden Umwegfahrten infolge der heutigen Einbahnstraße vermieden.

Die Luftbelastung in diesem Gebiet ist jetzt schon durch den starken Autoverkehr sehr hoch. Nach den Berechnungen der Planer werden durch die Tiefgarage insbesondere die Benzolbelastungen die offiziellen Grenzwerte nahezu erreichen - an der Zufahrt im Stau und im Bereich der Abluftfahne, die über den Platz weht. Der sogenannte "Vorsorgewert" von 5 g/m³, den das Umweltbundesamt angibt, würde weit überschritten.

Und die Lärmbelastung überschreitet schon jetzt die Grenzwerte - hier macht sich die Stadtverwaltung die Bestimmung zu Nutze, dass dort, wo die Grenzwerte schon überschritten sind, eine weitere Erhöhung des Lärms toleriert werden kann. Das ist also rechtlich erlaubt, trotzdem könnte der Gemeinderat sagen, dass er eine solche Erlaubnis nicht ausnutzen will und auf der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte besteht. Das hätte die Konsequenz, dass die Garage nicht gebaut werden kann oder zunächst Verkehrsberuhigungsmaßnahmen nötig wären. Aber dazu konnte sich die Autolobby nicht durchringen.

Für den Fall der Zustimmung für den Bau hatten wir folgende Maßnahmen vorgeschlagen, um die negative Wirkung wenigstens abzumildern:

Aber selbst dafür gab es keine Mehrheit im Gemeinderat. Andere Städte wären heute froh, wenn sie in früheren Jahren nicht so viele und so große Tiefgaragen und Parkhäuser unmittelbar in das Zentrum gebaut hätten!

Johannes Honné
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